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Kindergeld bei mehrjährigem Auslandsstudium

Ob Studenten, die in einem Drittstaat studieren, ihren Wohnsitz im Elternhaus beibehalten und von welchen Voraussetzungen das abhängt wurde in diversen Verfahren geprüft. Formalrechtliche Merkmale wie die polizeiliche Meldung im Inland oder die Erteilung einer Identifikationsnummer (§ 139b AO) können keinen inländischen Wohnsitz des Kindes begründen (so das Finanzgericht Bremen vom 7.3.2023, 2 K 27/21 (1)).

Für die Berechnung, ob ein Kind in den ausbildungsfreien Zeiten überwiegend die elterliche Wohnung nutzt, ist in der Regel auf das Ausbildungs-, Schul- oder Studienjahr abzustellen (so der BFH 21.6.23, III R 11/21, DStR 23, 1707).

Ob Studierende bei einem Auslandsstudium (hier in einem Drittland) ihren inländischen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt beibehalten, ist bedeutend für die inländische Einkommensteuerpflicht und auch für den Kindergeldbezug der Eltern.

Kindergeldanspruch ist nur für Kinder zu berücksichtigen, die einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, in einem anderen EU- oder EWR-Staat oder in der Schweiz haben. Anders als im Bereich der Freibeträge (§ 32 Abs. 6 EStG) finden Kinder beim Kindergeld grundsätzlich keine Berücksichtigung, wenn sie im Inland oder einem EU-/EWR-Staat weder einen Wohnsitz noch einen gewöhnlichen Aufenthalt haben.

Folgende Grundsätze sind zu beachten:

  • Maßgeblich sind allein die tatsächlichen Verhältnisse für die Beurteilung des Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts (BFH 10.11.78, BStBl II 79, 335).
    • Die bloße Absicht, einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt zu begründen oder aufzugeben bzw. die bloße An- und Abmeldung bei einer Ordnungsbehörde allein sind unmaßgeblich (BFH 14.11.69, BStBl II 70, 153).
    • Persönliche oder finanzielle Beweggründe und Absichten (lediglich zum Zwecke der Ausbildung ins Ausland) sind nicht entscheidend.
    • Während eines mehrjährigen Auslandsaufenthalts zum Zwecke einer Berufsausbildung reicht es für die Beibehaltung eines Inlandswohnsitzes nicht aus, wenn die elterliche Wohnung dem Kind weiterhin zur Verfügung steht.
    • Das Kind behält seinen Inlandswohnsitz in der elterlichen Wohnung nur dann bei, wenn es diese im Folgenden regelmäßig mehr als die Hälfte der ausbildungsfreien Zeit nutzt.
    • Steht während des laufenden Ausbildungs-, Schul- oder Studienjahres jedoch fest, dass das Kind nicht mehr als die Hälfte der ausbildungsfreien Zeit in der elterlichen Wohnung verbringen wird, spricht dies für eine Aufgabe des inländischen Wohnsitzes bereits zu diesem Zeitpunkt und nicht erst zum Ende des jeweiligen Ausbildungs-, Schul- oder Studienjahres.

Aus dem Grundgesetz (Art. 6 Abs. 1 GG) lässt sich insbesondere kein Anspruch auf Kindergeld für Kinder herleiten, die nicht im Inland, in einem Mitgliedstaat der EU, in einem Staat, auf den das Abkommen über den EWR Anwendung findet, oder in der Schweiz wohnen (BFH 23.11.00, VI R 165/99).

Das Existenzminimum dieser Kinder wird nur durch die Freibeträge (§ 32 Abs. 6 EStG) von der Besteuerung freigestellt, die keine unbeschränkte Steuerpflicht des Kindes voraussetzen (vgl. § 32 Abs. 1 und 6 EStG).

Demnach hat im ersten Schritt eine Unterscheidung zwischen einjährigen und mehrjährigen Auslandsaufenthalten zu Ausbildungs-, Schul- oder Studienzwecken zu erfolgen.
Im ersten Ausbildungsjahr ist grundsätzlich vom Fortbestehen des inländischen Wohnsitzes des Kindes auszugehen.

Bei einem darüber hinausgehenden Auslandsaufenthalt ist für das Beibehalten des inländischen Wohnsitzes erforderlich,

  • dass ein überwiegender Inlandsaufenthalt während der ausbildungsfreien Zeiten im jeweiligen Ausbildungs-, Schul- oder Studienjahr festgestellt werden kann und das Kind dabei ‒ von kurzen Unterbrechungen abgesehen ‒ die inländische Wohnung nutzt.
  • Dabei ist es nicht ausreichend nur kurze, üblicherweise durch die Eltern-Kind-Beziehung begründete Besuche durchzuführen. Eltern und Kinder sollten Beweisvorsorge treffen, z.B. das Aufbewahren von Flug-Tickets.

Quelle: PIStB 27.10.2023 · Fachbeitrag · Familienleistungsausgleich, VON PROF. DR. RALF JAHN, WÜRZBURG

13.11.2023 Daniela Ossendorf, Steuerberaterin/Fachberaterin Internationales Steuerrecht